15.05.2025

Von der Rohbohne zur Röstbohne – Was beim Rösten wirklich passiert

Von Maria Wittig
Von der Rohbohne zur Röstbohne – Was beim Rösten wirklich passiert

Du liebst gute Bohnen, filterst sogar von Hand, aber hast dich schon mal gefragt, was eigentlich beim Rösten passiert? Warum manche Bohnen fruchtig schmecken, andere nach dunkler Schokolade? Und warum Filterröstung und Espressoröstung zwei völlig unterschiedliche Welten sind?

Spoiler: Es liegt nicht (nur) an der Bohne und Zubereitung – sondern auch daran, wie sie geröstet wurde. Und zwar präzise, mit Feingefühl und verdammt viel Erfahrung. Wir nehmen dich mit in den Rösterraum – auf eine kleine Reise durch Hitze, Knacken und karamellisierte Aromen.

1. Trocknungsphase (Drying Phase)

Temperatur: ca. 100–160 °C
Dauer: 4–6 Minuten

Bevor sich irgendetwas Spannendes tut, muss erst mal das Wasser raus. Die Bohne enthält zu Beginn noch rund 12 % Feuchtigkeit. Die verdampft langsam – was ein bisschen wie Heu riecht – und bereitet die Bohne auf die eigentliche Röstung vor.

2. Maillard-Phase (Browning Phase)

Temperatur: ca. 160–190 °C
Dauer: 3–5 Minuten

Jetzt geht’s ans Eingemachte: Die Maillard-Reaktion setzt ein – eine chemische Reaktion zwischen Zucker und Aminosäuren. Klingt kompliziert, ist aber der Grund, warum Kaffee überhaupt so gut schmeckt. Karamell, Toast, Nüsse – all das entsteht hier.

3. First Crack 

Bei etwa 195–205 °C platzt die Bohne plötzlich auf – und du hörst es: crack. Wie Popcorn. Druck, CO₂ und Dampf entweichen, die Zellstruktur verändert sich, und die Röstaromen nehmen Fahrt auf. Jetzt heißt’s aufpassen – die Entwicklung passiert schnell.

4. Entwicklungsphase (Development Phase/Time)

Temperatur: 205–220 °C
Dauer: 1–3 Minuten

Hier entscheidet sich alles: wie süß, wie klar, wie balanciert dein Kaffee am Ende wird. Ein kurzer Entwicklungszeitraum bringt viel Säure, ein längerer mehr Röstaromen und Körper. Es ist ein Tanz auf Sekunden – jede Charge ist ein bisschen anders.

5. Second Crack (optional)

Wer es richtig dunkel mag – etwa für klassisch-italienische Espressos – geht bis zum sogenannten Second Crack. Die Bohne wird ölig, der Geschmack intensiv, oft rauchig, tabakig, manchmal ein bisschen oldschool. Muss man mögen. Wir dosieren ihn gezielt.

Rösten ist keine Blackbox, sondern Handwerk. Jede Phase ist wichtig, jede Sekunde zählt. Und am Ende bekommst du genau das in die Tasse, was beim Rösten entschieden wurde: Fruchtig oder schokoladig? Klar oder cremig? Direkt oder komplex? Deshalb rösten wir jede Bohne individuell – angepasst an Herkunft, Verarbeitung und natürlich daran, wie du sie zubereitest.